Skulptur und Farbe
Wenn ich auf meine künstlerische Arbeit zurückblicke, fällt mir auf, dass immer Phasen entstanden sind. Serien, welche vor allem durch die Wahl des Materials bestimmt waren. Jedes Material hat eine eigene Gesetzmäßigkeit. Immer ist es ein Wechselspiel zwischen mir und dem Material.
Der grobe erdige Ton forderte eine reduzierte Bemalung, vorwiegend schwarz. Es entstanden Serien: Helme, Stelen, kleinere Idolfiguren, „Side by side“-Terrakotten, Jongleurinnen.
Die Tonskulpturen sind aus Platten hohl aufgebaut und haben somit tektonischen Charakter. Durch Bemalung und Farbe kann man Formen trennen, verbinden, fassen, klären, aber auch zerstören.
Oder: Chinesisches Plisseepapier aus Containern in Chinatown, Seidenpapier, Pappe, Bitumen – jedes Material reizte mich zur entsprechenden „Behandlung“: Bemalen, Bespritzen, Stechen, Schneiden, Ritzen, Bekleben...
Eine andere Serie besteht aus unscheinbaren Hölzern, oft in Kombination mit anderen Fundmaterialien wie Draht, Blech, Schilf. Durch Bemalung mit Farbe erhielten die Hölzer neues Leben. Es entstanden in Anlehnung an "Arte povera" zeichenhaft reduzierte Assemblagen der Reihe "Bambole povere".
Meine Bronzen sind oft bemalt und selten „aus einem Guss“, sondern aus gegossenen Einzelteilen zusammengeschweißte und gewissermaßen skulptural in die Luft gezeichnete Formen und Linien.
Manchen Menschen tut es leid, wenn die Bronze ganz unter der Farbe verschwindet. Die glatte, schwere Oberfläche der Bronze spricht durch die Farbe hindurch, anders als z.B. bei Blech. Farbe und Form erzeugen in uns Gefühle, lösen Empfindungen aus.
Das "Es", welches der Künstler aus den eigenen Tiefen herausschält und in Form bringt, ist wohl eine Übersetzung seiner Wahrnehmung der Welt.
Für mich ist Natur sehr wichtig, ihre unglaubliche Vielfalt an Formen und Farben. Faszinierend sind die Gesetzmäßigkeiten und Wachstumskräfte, die aller Natur und allem Leben eigen sind, die Analogien zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos.
Inwieweit man als Künstler an eine allgemein gültige Wahrheit rührt, zeigt sich in der Stärke oder Schwäche seiner Kunstwerke. Darin liegt wohl das Geheimnis der Kunst: Ein unsichtbares Schwingen des Werkes zum Betrachter, ein unfassbares Berührtsein.
Margot Luf